DRED – TOP ODER FLOP?

Online-Angebote sind weiter im Vormarsch. Rechtsberatung, Medikamenteneinkäufe, Bankgeschäfte – all dies kann heute bequem per Mausklick erledigt werden, ohne die heimischen vier Wände verlassen zu müssen. Mit einer Online-Arztpraxis kommt nun ein weiterer, wenn auch umstrittener, Online-Dienst hinzu: medizinische Behandlungen via Internet.

 

Die Idee stammt aus England. Sitz der neuen Plattform www.DrEd.com ist London. Seit kurzem haben nun auch deutsche Patienten Zugriff auf den Online-Doc. Doch sind Ferndiagnosen überhaupt seriös? „Mit DrEd wollen wir den Gang zum eigenen Haus- oder Facharzt keinesfalls ersetzen, sondern ein zusätzliches Angebot bereitstellen.“, betont David Meinertz, Gründer und Geschäftsführer der hinter DrEd stehenden Betreibergesellschaft Health Bridge Limited gegenüber zm (1.1.2012). Der deutsche Jurist sieht im Wesentlichen zwei Hauptzielgruppen: Patienten – überwiegend Männer – mit Fragen und Beschwerden im Bereich der Sexualität. Und Menschen, die aus beruflichen Gründen kaum Zeit für einen Arztbesuch aufbringen können. Beratungen zu Männerkrankheiten bilden einen Schwerpunkt seiner Online-Praxis. Ewa 60 Prozent der Patienten seien Männer, die unter Impotenz, vorzeitigem Samenerguss oder Haarausfall litten. Frauen hingegen kämen insbesondere wegen Verhütungsfragen. Hinzu kämen chronisch Kranke wie Menschen mit Bluthochdruck. Einen geringeren Anteil hätten die Bereiche Reisemedizin und Raucherentwöhnung. Akute Schmerzen und dringende medizinische Fragen sind naturgemäß eher ein Fall für den Arzt aus Fleisch und Blut.

Hinter DrEd stehen auch zwei deutsche Mediziner. Beide haben in Deutschland promoviert, sind in England registriert und durch die dortige Ärztekammer zugelassen. Ihr Konzept geht vom mündigen Patienten aus, der sich und seine Beschwerden sehr genau wahrnehmen und beschreiben kann. Das beginnt bereits mit dem Ausfüllen eines umfangreichen Fragebogens auf der Website des Unternehmens. Sorgsam müssen Krankheitsverlauf und bisherige Medikationen angegeben werden, manchmal gar eigene Urinwerte per Teststreifen ermittelt oder Blutuntersuchungen im Labor veranlasst werden. Das macht Mühe. Doch dafür entfallen Wartezeit und Praxisgebühr. Ein weiterer Vorteil: Die Onlineärzte sind rund um die Uhr erreichbar. Auf der Basis des ausgefüllten Fragebogens wird schließlich eine Diagnose erstellt. Wenn der Patient sich nun für eine Behandlung entscheidet, wird eine Gebühr fällig und die Therapie festgelegt. Die Gebühr liegt zwischen € 9 und € 29. Im Gegensatz zur Schweiz, erstatten deutsche Krankenkassen die erbrachten Leistungen (noch) nicht. Auch medikamentöse Verordnungen müssen vom Patienten selbst übernommen werden.

Bei ihrer Behandlung richten sich die Onlinemediziner nach internationalen Leitlinien, die von einem externen wissenschaftlichen Beirat regelmäßig geprüft werden. Die Kommunikation zwischen Arzt und Patient etwa erfolgt ausschließlich über eine Patientenakte. Sämtliche Daten werden verschlüsselt übertragen und gespeichert und sind jederzeit für den Patienten einsehbar. Ärzte- und Zahnärzteverbände wie die BZÄK stehen der Telemedizin trotz mancher Vorteile grundsätzlich kritisch gegenüber. Was ihnen fehle sei das Wichtigste, nämlich die persönliche Arzt-Patient-Beziehung. Non-Verbale Botschaften, Mimik, Gestik, Blickkontakt, Zuspruch, hinhören, spüren und erspüren – auf all diese Informationen muss ein Online-Doc freilich verzichten. Ob´s denn gut geht und auf welchen Gebieten sich die Telemedizin tatsächlich durchsetzen kann, wird sich bald erweisen. Abzuwarten bleibt auch, ob und was sich daraus für die Zahnmedizin ergeben wird.

Quellen:
healthcare-meets-socialmedia.com; www.netzwelt.de; zm, 2012, Nr.1