FALTENUNTERSPRITZUNG – ABMAHNWELLE MACHT DRUCK

Jung, glatt, schön lautet das Motto. Das Geschäft mit der Faltenunterspritzung auf Gesicht und Dekollete boomt. Doch die Zahnärzteschaft soll nicht daran teilhaben. So jedenfalls besagt es ein Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom April diesen Jahres. Und so will es auch eine schweizer Aktiengesellschaft, die derzeit deutschlandweit Zahnärzte über eine Freiburger Kanzlei abmahnen lässt. Betroffen von der aktuellen Abmahnwelle sind Zahnärzte, die auf ihrer Homepage mit Faltenunterspritzungen und Botoxbehandlungen werben. Wie sollen die betroffenen Behandler nun reagieren?

Während es Heilpraktikern erlaubt sein soll, die lukrativen Schönheitscocktails zu verabreichen, sollen zahnärztliche Bemühungen nicht über den Bereich der Lippen hinausgehen dürfen. Etliche Juristen bemängeln das Münster Urteil als nicht zeitgemäß. Sie verweisen darauf, dass die Definition von „zahnärztlicher Tätigkeit“ zu einem Zeitpunkt formuliert wurde, als derartige kosmetische Behandlungen noch Utopie waren. „Zudem sollte der Regelungszweck – nämlich der Schutz des Patienten vor Behandlungen durch unzureichend ausgebildete Personen – nicht außer Acht gelassen werden. Da Zahnärzte im Vergleich zu Heilpraktikern oder fachlich fernliegenden ärztlichen Professionen (z.B. Strahlentherapeuten) fachlich sicher in der Lage sind, die streitgegenständlichen Maßnahmen durchzuführen, besteht kein sachlicher Grund, ihnen im Gegensatz zu den vorgenannten Gruppen die entsprechende Erlaubnis zu versagen und – wie im vorliegenden Fall – sogar anzuraten die Heilpraktikererlaubnis zu erlangen, um so rechtlich sicheres Terrain zu betreten.“, betonen die Fachanwälte Martin Voß und Sabine Warnebier, deren diesbezügliche Klage vor dem VG Münster im April abgelehnt wurde.

Wie aber sollen die aktuell Abgemahnten nun reagieren? Viele Juristen empfehlen, die Abmahnungen auf keinen Fall zu ignorieren, auch wenn die darin erhobenen Forderungen unzureichend begründet oder nicht wettbewerbsgemäß sein sollten. Das Schweizer Unternehmen etwa sei nach eigenen Angaben gar nicht in der Bundesrepublik tätig, sondern agiere hier lediglich über Partner. Was also ist konkret zu tun?
In der aktuellen Zahnarztwoche DZW (Ausgabe 25/1) wird empfohlen, sich unbedingt anwaltlichen Rat einzuholen und zwar noch bevor eine Unterlassungserklärung unterschrieben wird, die in der Folge zu Zahlungen verpflichtet. Beispielsweise sei die Abgabe einer eigenständig modifizierten Unterlassungserklärung möglich. Hierin solle die Zahlung der Anwaltskosten verweigert werden. Damit sei die Hauptsache erledigt und die Gefahr einer teuren Klage mit hohen Streitwerten aus der Welt. „Eine typische Forumulierung etwa wäre, „geben wir ausdrücklich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und einzig und allein zur Wahrung des Rechtsfriedens folgende Unterlassungserklärung ab“. Kommt es dann zu einem Rechtsstreit über die Abmahnkosten, so muss der Abmahner in dem Verfahren seinerseits nachweisen, dass sein Handeln juristisch korrekt war.“ , so der Rechtsanwalt Dr. Robert Kazemi, Bonn in DZW (Ausgabe 25/1). Aber auch Kazemi empfiehlt, in dieser Sache unbedingt juristischen Beistand zu suchen. Und wie soll es weitergehen? Kazemi wie auch Voß und Warnebier raten zum jetzigen Zeitpunkt von weiteren Faltenunterspritzungen und ihrer Bewerbung ab. Denn es drohen zudem strafrechtliche Sanktionen – „solange das Zahnheilkundegesetzt den heutigen Begebenheiten noch nicht angepasst oder durch die Rechtsprechung eine zeitgemäße Auslegung vorgenommen wurde.“ (Martin Voß, Sabine Warnebier aus der Zeitschrift EwiR zu &50 InsO 1/11,21 (Kremer), mönigundpartner)

Anette Hildebrandt

 

Quelle: Die Zahnarzt Woche DZW Ausgabe 25/11; moenigundpartner.de